„Der Appetit kommt beim Essen“, heißt es oft. Doch was passiert, wenn Demenz das Verhältnis zum Essen beeinflusst? Ein sensibler Umgang mit der Ernährung spielt im Alltag von Menschen mit Demenz eine entscheidende Rolle, denn die Krankheit kann zu Veränderungen des Appetits und der Essgewohnheiten führen. Gewichtsverlust und Mangelernährung können die Folge sein. Deshalb ist es wichtig, dass das Pflegepersonal oder pflegende Angehörige das Essverhalten beobachten und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten bei Demenz
Essen und Trinken können für Menschen mit Demenz zu einer Herausforderung werden. Durch die Krankheit gehen nach und nach geistige und körperliche Fähigkeiten verloren, darunter auch solche, die für die Nahrungsaufnahme notwendig sind. Diese Veränderungen können sich wesentlich auf das Ess- und Trinkverhalten von Demenzpatient:innen auswirken.¹
Verändertes Hunger- und Sättigungsgefühl
Das Hunger- und Sättigungsgefühl von Menschen mit Demenz kann sich auf unterschiedliche Weise verändern. Manche Menschen sind nicht mehr in der Lage, ihren Hunger richtig wahrzunehmen und verspüren keinen oder nur noch wenig Appetit. Dies kann dazu führen, dass sie Mahlzeiten auslassen oder nur kleine Portionen essen, was in einer unzureichenden Nährstoffzufuhr resultieren kann. Andererseits haben manche Demenzkranke auch ein gesteigertes Hungergefühl und suchen ständig nach Nahrung. Fakt ist: Das veränderte Hunger- und Sättigungsgefühl kann die Auswahl und den Verzehr von Lebensmitteln erheblich beeinflussen.²
Vergesslichkeit und Orientierungsverlust
Die zeitliche und räumliche Desorientierung kann zur Folge haben, dass der Rhythmus und die Planung der Mahlzeiten nicht mehr eingehalten werden. Demenzpatient:innen können vergessen, dass sie bereits gegessen haben, zu unregelmäßigen Zeiten essen oder Mahlzeiten schlichtweg ganz vergessen. Dies kann dazu führen, dass am Ende auf Dauer zu wenig gegessen wird.
Außerdem können Betroffene vergessen, wie bestimmte Lebensmittel zubereitet werden oder welche Schritte beim Kochen zu beachten sind. Dies kann Unsicherheiten im Umgang mit Lebensmitteln hervorrufen und die selbstständige Zubereitung von Mahlzeiten erschweren.
Schluckstörungen
Schluckstörungen sind bei Demenzkranken keine Seltenheit und können erhebliche Auswirkungen auf die Ernährung haben. Die Krankheit beeinträchtigt die motorischen Fähigkeiten, die für ein reibungsloses Schlucken der Nahrung erforderlich sind. Dies kann zu Problemen beim Kauen, beim Transport von Speisen und Getränken durch die Speiseröhre und bei der sicheren Weiterleitung in den Magen führen.
Demenzkranke können Schwierigkeiten haben, Nahrung richtig zu zerkleinern und zu schlucken, wodurch es zum Verschlucken, Husten oder sogar Ersticken kommen kann.
Veränderter Geruchs- und Geschmackssinn
Ein weiterer Aspekt, der das Essverhalten von Menschen mit Demenz beeinflussen kann, ist die Beeinträchtigung des Geruchs- und Geschmackssinns. Durch die Erkrankung kann der Geruchssinn nachlassen oder sich verändern, sodass bestimmte Lebensmittel weniger intensiv wahrgenommen werden. Dies kann zu Desinteresse oder Ablehnung gegenüber bestimmten Speisen führen.
Auch der Geschmackssinn kann beeinträchtigt sein, sodass bekannte Geschmacksrichtungen anders erlebt werden. Speisen, die früher als wohlschmeckend empfunden wurden, können nun als fad oder unangenehm wahrgenommen werden.
Essen bei Demenz: Empfehlungen für den Alltag
Um die Ernährung von Menschen mit Demenz zu unterstützen und ihre Lebensqualität zu verbessern, gibt es bestimmte Empfehlungen, die beim Umgang mit Essen und Trinken beachtet werden können. Diese Empfehlungen zielen darauf ab, eine weitgehend ausgewogene Ernährung zu gewährleisten, die Freude am Essen zu fördern und mögliche Schwierigkeiten gemeinsam zu meistern.
Regelmäßige Mahlzeiten und Struktur
Regelmäßige Mahlzeiten und eine klare Routine können dazu beitragen, dass Menschen mit Demenz besser auf ihre Ernährung achten. Feste Essenszeiten und Mahlzeiten in angemessenen Portionen helfen, den Appetit anzuregen und die Nahrungsaufnahme zu verbessern. Auch das Angebot regelmäßiger Zwischenmahlzeiten zur Deckung des Energiebedarfs kann sinnvoll sein.³
Eine unterstützende Umgebung
Eine angenehme Atmosphäre während der Mahlzeiten kann dazu beitragen, den Appetit zu steigern und die Nahrungsaufnahme zu verbessern. Dazu gehören eine ruhige Umgebung ohne Ablenkungen und ausreichend Zeit für die Mahlzeiten.
Auch eine einfühlsame und geduldige Begleitung während der Mahlzeiten kann dazu beitragen, den Essprozess für Menschen mit Demenz leichter und sicherer zu gestalten. Dies kann Hilfe beim Schneiden der Speisen, beim Anreichen des Essbestecks oder Unterstützung beim Trinken beinhalten. Es ist wichtig, die Bedürfnisse und Grenzen der Betroffenen zu respektieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, so selbstständig wie möglich zu essen.
Speisen intensiv würzen
Viele Demenzkranke haben einen verminderten Geschmacks- und Geruchssinn, sodass das Essen oft fade und unappetitlich schmeckt. Daher sollten Speisen für Demenzkranke intensiver gewürzt und gegebenenfalls mit aromatischen Ölen und Fetten verfeinert werden.
Menschen mit Demenz haben oft auch eine Vorliebe für stark gesüßte Speisen, da der Geschmackssinn durch die Erkrankung abgestumpft sein kann und andere Geschmacksrichtungen nicht mehr so intensiv wahrgenommen werden. Dadurch können süße Aromen noch als angenehm und erkennbar empfunden werden, weshalb ungewöhnliche Kombinationen wie Leberwurstbrot mit Schokoaufstrich oder Pommes Frites mit Eis keine Seltenheit sind – pflegende Personen sollten in solchen Momenten von den eigenen Geschmacksvorstellungen absehen und nicht zu streng mit den Patient:innen sein.⁴
Nährstoffreiche Lebensmittel
Demenz kann zu einem erhöhten Nährstoffbedarf führen, da sie den Stoffwechsel beeinflusst und zu Gewichtsverlust und Muskelschwäche führen kann. Eine möglichst ausgewogene Ernährung, die reich an Antioxidantien, Omega-3-Fettsäuren und Proteinen ist, kann den Körper mit den notwendigen Nährstoffen versorgen, um das Immunsystem zu stärken und den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern. In manchen Fällen kann es auch notwendig sein, hochkalorische Lebensmittel zu sich zu nehmen, um einem Gewichtsverlust entgegenzuwirken und den Energiebedarf zu decken.⁵
Fazit: Mehr Lebensqualität dank Unterstützung
Die Ernährung bei Demenz kann eine komplexe Herausforderung sein, die jedoch mit Einfühlungsvermögen, Wissen und Unterstützung gemeistert werden kann. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass sich die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Betroffenen im Verlauf der Erkrankung ändern können und dass eine kontinuierliche Anpassung und Überprüfung der Ernährungsstrategien erforderlich ist.
Es kann hilfreich sein, mit Ernährungsberater:innen oder Fachärzt:innen zusammenzuarbeiten, um individuelle Bedürfnisse und Einschränkungen zu berücksichtigen und einen maßgeschneiderten Ernährungsplan zu entwickeln.
Durch eine angepasste Ernährung und unterstützende Betreuung kann das Esserlebnis von Menschen mit Demenz verbessert werden, was sich positiv auf ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität auswirkt.
Quellen
¹ Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V. „Ernährung bei Demenz“. Verfügbar unter: https://www.alzheimer-bw.de/fileadmin/AGBW_Medien/AGBW-Dokumente/BiA/BiA2022-Ernaehrung_bei_Demenz.pdf (Zugriff am 12. Juni 2023)
² Fit im Alter – Deutsche Gesellschaft für Ernährung. „Essen und Trinken bei Demenz“. Verfügbar unter: https://www.fitimalter-dge.de/fileadmin/user_upload/medien/Essen_und_Trinken_bei_Demenz.pdf (Zugriff am 12. Juni 2023)
³ Wegweiser Demenz. „Ernährung“. Verfügbar unter: https://www.wegweiser-demenz.de/wwd/alltag-und-pflege/alltagssituationen/ernaehrung (Zugriff am 12. Juni 2023)
⁴ Bundeszentrum für Ernährung. „Ernährung bei Demenz“. Verfügbar unter: https://www.bzfe.de/fileadmin/resources/import/pdf/eifonline_ernaehrung_bei_demenz.pdf (Zugriff am 12. Juni 2023)
⁵ Demenz Portal. „Ernährung bei Demenz“. Verfügbar unter: https://demenz-portal.at/aktuelles/ernaehrung-bei-demenz/ (Zugriff am 12. Juni 2023)